Bilanz:
Gastbeitrag

Klug platzierte Stolpersteine

Das Erfolgsrezept smarter Unternehmen? Sie machen es ihren Kunden nicht immer leicht. In einer Zeit, in der Algorithmen alles glätten, kann das Hinzufügen von Barrieren ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein. – Von Dominik Imseng, Managing Partner bei smartcut consulting

(Bilanz, 26. September 2025)

Müsste ich das Passwort für das Online-Banking von Jeff Bezos erraten, wäre mein erster Versuch: US5960411A. So lautet die Patentnummer für den 1-Click-Button («Jetzt kaufen»), mit dem man bei Amazon mit nur einem Klick Artikel in den Warenkorb legen, bezahlen und sich nach Hause liefern lassen kann.

Dass sich Bezos bestimmt gern erinnert, wie er 1999 den Online-Einkauf radikal vereinfacht hat, kommt nicht von ungefähr. Nehmen wir einmal – konservativ geschätzt – an, dass der 1-Click-Button die Erlöse von Amazon um 10 Prozent erhöht. Dann wären diese wenigen Quadratmillimeter Jahr für Jahr Dutzende Milliarden wert.

Dennoch ist es nicht so, dass nur Unternehmen prosperieren, die konsequent Friction abbauen – so nennen die Verhaltensökonomen jede Form von Mühsal, die Kunden vergrault. Nicht wenige Anbieter haben gerade umgekehrt Erfolg: Statt Reibungspunkte zu vermeiden, bauen sie diese gezielt ein. So setzen etwa Flugportale wie Opodo oder Skyscanner auf die sogenannte Labor Illusion: Während ein Flieger um die Erde kreist oder eine ähnliche Animation zu sehen ist, werden für ein paar Sekunden sämtliche Anbieter mit Flügen für die gewünschte Route aufgelistet. In Wahrheit könnten die Portale die passenden Verbindungen auf Knopfdruck ausspucken. Aber die künstliche Verlangsamung der Suche gibt uns das Gefühl, dass auch bestimmt alle verfügbaren Flüge angezeigt werden – auch jene mit dem besten Preis und den besten Zeiten.

Gut Ding will Weile haben – das weiss auch Apple. Achten Sie einmal darauf, wie es sich anfühlt, die Schachtel mit Ihrem neuen iPhone zu öffnen. Sie werden merken: Der Deckel sitzt so eng, dass er sich nur unter Überwindung eines leichten Widerstands abheben lässt. Das ist kein Zufall, sondern millimetergenau designte Erhöhung der Vorfreude. Das Öffnen der Box soll sich – Zitat Steve Jobs – wie die «Entdeckung eines Schatzes» anfühlen. Das Verhältnis zwischen Käufer und iPhone wird so gezielt emotionalisiert.

Auch die französische Luxusmarke Hermès macht es schwer, Schachteln zu öffnen. Zumindest solche mit einer Birkin Bag darin. Wer eine der ikonischen Taschen will, kann sie nicht einfach bestellen. Man muss sich für den Erwerb einer Birkin Bag qualifizieren – durch den langjährigen Kauf von Foulards, Gürteln und Kleidung in einer Hermès-Boutique und (nicht zuletzt) durch das freundschaftliche Verhältnis zu einem der Mitarbeitenden. Der Wunsch, eine Birkin Bag zu erwerben, wird so zur Aufnahmeprüfung. Der Stolz, es geschafft zu haben, zum Teil des Produkterlebnisses.

Es versteht sich von selbst: Unproduktive Friction – z.B. durch einen verwirrenden Online-Store oder lange Warteschleifen in einem Kundencenter – gilt es um jeden Preis zu vermeiden. Stattdessen dürfen ausschliesslich solche Barrieren eingebaut werden, die gezielt das Kundenerlebnis verbessern. Entscheidend dabei ist die konsequente Berücksichtigung verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse, die mitunter überraschen. So belegen etwa Studien, dass ultraschnelle Lieferzeiten im Online-Handel nicht selten die Retourenquote erhöhen. Der Grund: Der Empfänger hatte noch nicht die Möglichkeit, eine impulsive Kaufentscheidung zu rationalisieren.

Darum: Machen Sie es Ihren Kunden leicht, aber auch nicht zu einfach. In einer Zeit, in der Algorithmen alles glätten, kann das gezielte Hinzufügen von Stolpersteinen ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein. Denn: Was auf die richtige Art Mühe macht, bleibt im Kopf, im Herzen – und im Markt.

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